Changhee Nam | ||||||||
Die Malerei von Changhee Nam Der Sport spielt in Changhee Nams Malerei eine auffallend wichtige Rolle.Das mag mit seiner Militärzeit
Zu einem vorläufigen Höhepunkt führte dieser künstlerische Weg Changhee in seiner Serie der Gewichtheberinnen. Die Anstrengung ist hier plötzlich konzentriert auf ein einziges, völlig klares und realistisches Thema, weg von allem Ungefähren. Die massive Bewegung zeigt sich in einem Virilio’schen Moment äußerster Anspannung fokussiert und zum Stillstand gekommen, zu immerwährendem Atemstillstand, Geschlechtslosigkeit, aus der physischen Welt gefallen hinein in das Universum der Malerei. Damit ist Malerei in ihrem unzeitförmigen Wesen auf die Spitze getrieben. Changhee versteht es, diesen Trumpf drastisch inszeniert auszuspielen: Seine kraftvolle Gestik und der Einsatz auch pastosen Materials, diese außerordentlich dichte und insistierende Malweise wird uns ausgerechnet auf dünnstem und leichtestem koreanischen Reispapier präsentiert, dazu noch in großem Format. Ein absurd erscheinender Widerspruch, ganz konkret: eine prekäre Gegebenheit. Form und Inhalt sind untrennbar und eins. Prof. Peter Angermann |
||||||||
Vernissage, 18. 11. 2011, „Der urbane Blick“, ChangHee Nam Pacelli-Haus
Eine Ausstellung zu eröffnen, ohne den Künstler wenigstens kurz vorzustellen, geht einfach nicht.
Herr ChangHee Nam wurde in Südkorea, geboren. Die ersten Lebensjahre verbrachte er auf dem Land. Im Grundschulalter zog er dann mit seiner Familie in eine Millionenstadt, was ihn damals zutiefst schockiert hat, sein Werk aber bis heute prägt und ihn beschäftigt: die Fragilität und das Gehetztsein des Menschen.
|
||||||||
![]() | ||||||||
„Changhee Nam -
Bilder“,
Nürnberg Ausstellung im Rosenthal-Theater Selb Anrede
Auch wenn der Kunstverein Hochfranken
Selb e. V. diesmal Bilder eines Künstlers zeigt, dessen Name aufgrund seiner
ostasiatischen Abstammung zweifellos exotisch anmutet, so verraten seine
Arbeiten doch eine uns durchaus geläufige Art von Malerei. Changhee Nam malt
wiedererkennbar, figürlich. Das kommt den meisten von uns BetrachterInnen
sehr entgegen, denn nicht gegenständliche Bilder können durchaus schwierig
bis problematisch wirken. Diese Bilder hier sprechen mit uns, sie haben uns
etwas zu sagen.
Wie der Künstler diese Bilder malt, wie
er die Menschen einschließlich der Situiationen, in denen sie sich befinden,
wiedergibt, das ist im aller höchsten Maß gekonnt und überzeugend. Diese
Einschätzung habe nicht ich singulär, sondern ich weiß mich damit in bester
Gesellschaft, z. B. mit Prof. Peter Angermann, dessen Arbeiten wir vor genau
einem Jahr hier zeigten. Angermann war nämlich der letzte von Changhee Nams
Lehrern an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Er ernannte den
damaligen Studenten zum Meisterschüler, was zweifellos eine deutliche
Heraushebung darstellt. Für die Kunst ist nämlich der Titel „Meisterschüler“
annähernd vergleichbar der Promotion, also dem Doktor-Titel, in den
wissenschaftlichen Studienfächern an Hochschulen. Damit sind wir schon in den Lebenslauf
eingetaucht: Zu dem Lebenslauf gehört natürlich auch
irgendwie die Frage, warum ein junger Südkoreaner seine Heimat verlässt und
tausende von Kilometern davon entfernt in Deutschland studiert und dann
bleibt. Beweggründe wie diejenigen, die wir seit wenigen Jahren – sehr wohl
verständlich – von den Flüchtlingen und Asylbewerbern hören, können es auf
jeden Fall nicht sein, denn einerseits herrschte und herrscht in
seinem Heimatland eindeutig Demokratie, und andererseits ging und geht es
den Leuten dort aufgrund der überzeugenden wirtschaftlichen Erfolge des
Landes gut (siehe Automarken, Elektro- und elektronische Geräte usw.). Nein,
der Antrieb für Changhee Nam liegt im geistig-emotionalen Bereich.
Für die genauere Schilderung dessen
muss ich etwas ausholen und Sie auffordern, sich die Bilder vor Ihren Augen
zu vergegenwärtigen. Unser Protagonist arbeitet intensiv mit den Grundfarben
Blau, Gelb und Rot. Das Weiß des koreanischen Reispapiers „Hanji“ (er
arbeitet ausschließlich darauf) verwendet er als Malgrund und das Schwarz
setzt er als Hintergrund ein. Diese 5 Hauptfarben haben in Asien eine große
Bedeutung. Sie stehen z. B. als Symbol für die Himmels-Richtungen, nämlich
Gelb für die Mitte, Schwarz für den Norden, Blau für den Osten, Rot für den
Süden und Weiß für den Westen. Auch die für das Leben überhaupt notwendigen
Elemente werden mit diesen Farben belegt, die Erde mit Gelb, das Wasser mit
Schwarz, das Feuer mit Rot, die Luft/der Baum mit Blau und die Steine oder
das Metall mit Weiß. Dazu kommen eigene Überlegungen unseres
Malers. Der Wettbewerb zwischen Menschen, zwischen Unternehmen, zwischen
Ländern usw., ist ein „Wettkampf“ überall auf der Welt. Changhee Nam erlebte
selbst diese unendliche Konkurrenz in Südkorea ganz intensiv. Zu diesem
Wettbewerb passen Situationen oder Szenen aus dem Sport. Das hat er in
seiner Kunst nicht nur mit hervorragendem handwerklichen Können, sondern vor
allem auch mit viel Gefühl und Emotion, thematisiert. Er drückt damit seine
eigenen Gefühle und Emotionen aus. Und dieser kräftige Ausdruck, gepaart mit
den kräftig eingesetzten Hauptfarben, ist wichtiger Bestandteil des
deutschen Expressionismus. Den wollte er intensiv studieren und in sich
aufnehmen. Deshalb ist er hierher gekommen und hier geblieben.
Während der Studienzeit malte er viele
Porträts – nur von Frauen. Diese mussten ruhig sitzen. Männer interessierten
ihn nicht. Nach dem Studium blieb er dem Thema „Mensch“ treu, verband die
Frauen aber immer – zumindest im weitesten Sinn – mit Aktivität, wobei die
Bewegung im Wasser oder dessen Umfeld, also das, was mit Wasser
zusammenhängt, dominiert. Wasser empfindet der Künstler als Hindernis, und
Menschen versuchen, dieses zu überwinden, zu beherrschen. Das Wasser ist ein
Symbol für alle Hindernisse des Lebens, mit denen der Mensch klar kommen
muss. Die Geschichte der Menschheit ist ein ständiger Kampf im Leben um das
Notwendige und gegen das Böse. Der Mensch lernt dadurch, er entwickelt sich,
wird reifer, wird besser. Durch die großen bis übergroßen Formate wird die
Brutalität des Lebens, die Notwendigkeit zum Kampf, stärker übermittelt. Der
Künstler identifiziert sich selber mit diesen Gefühlslagen. Besonders gut
kann er diese einerseits in seinen Momentaufnahmen und andererseits duch die
Bewegtheit des Wassers selbst und durch die Bewegung des Menschen im Wasser
festhalten. Die von kämpferischem Hintergrund
geprägten Stimmungslagen zwischen Sieger und Verlierer vermittelt er gut, z.
B. mit „Nike“, die sich die Freudentränen über ihren 1. Platz aus dem Auge
wischt, und „ohne Titel (Mao)“, die mit starrem Blick noch nicht fassen
kann, nicht Erste geworden zu sein.
Eine in dem Diptychon „Tag und Nacht“
zu erkennende Brücke brauchen wir im Leben andauernd, häufiger im
übertragenen Sinn, aber auch tatsächlich. Diese in Teile zerlegte Brücke
wird von den beiden Frauen regelrecht graziös auf Händen getragen.
Die Eiskunstläuferin auf dem Bild
„Übergang“ hat nicht gewonnen, sie hat zweifellos Fehler gemacht, sie hat
offensichtlich ein inneres Hindernis nicht überwinden können.
Die Tennisspielerin hat wirklich bis
zum letzten Augenblick, nach langen Ballwechseln und mühevollem
Punktesammeln, gekämpft wie eine Löwin. Und soeben hat sie ihren letzten
Matchball verwandeln können und steht als Siegerin fest. Die Konzentration
und die Anspannung fallen mit einem Schlag von ihr ab und sie presst – mit
geballter Faust – einen Siegesschrei aus sich heraus.
Die Gewichtheberin in „ohne Titel 1“
zeigt ein Gesicht mit von der Anstrengung und Konzentration verzerrten Zügen
und dem entschlossenen Willen, dieses Gewicht tatsächlich zu stemmen.
Ich will jetzt aber nicht in
Bildbeschreibungen und –deutungen verfallen. Wie eingangs festgestellt,
haben wir es ja mit gegenständlichen Arbeiten zu tun. Und ein bisschen
Interpretation sei Ihnen schon selbst überlassen und zugemutet. Empfinden
und denken Sie selbst – dann steigt ihr eigener Nutzen. |
||||||||
|